Dan Blythe ist es wichtig, dass junge Menschen rund um den Globus Fragen über den Glauben stellen können. Darum liebt er seinen Job als Global Youth Director bei Alpha. Im Interview mit Nicole Schröder spricht er über die neue «Alpha Youth Series», das rote Fragezeichen und warum es wichtig ist, in der Kirche auch mal im Kreis zu sitzen.
Gerne! Ich habe zwei Söhne, drei und sechs Jahre alt. Sie sind unglaublich neugierig und stellen mir jeden Tag eine Menge Fragen. Wenn wir älter werden, meinen wir manchmal, wir müssten auf alles eine Antwort haben, und haben Angst, uns zu blamieren. Wir hören auf, Fragen zu stellen. Wie wäre es, wenn wir immer neugierig bleiben und nie aufhören würden, Fragen zu stellen?
Wenn ich mit Jugendlichen rede, habe ich den Eindruck, dass sie in der Tat sehr viel wissen wollen. Alpha hat zusammen mit World Vision und Biblica eine Studie in Auftrag gegeben, an der 25 000 Teenager im Alter von 13 bis 17 Jahren aus 26 Ländern teilnahmen. Die Ergebnisse findet man online unter dem Titel «The Open Generation». 1 Eine Erkenntnis war, dass diese Generation im Vergleich zu vorigen Generationen offener und inklusiver zu sein scheint. Sie sind bereit, zuzuhören, und wollen von anderen Kulturen und Kontexten lernen. Anders als zu meiner Zeit, als unser Blick oftmals nicht über unseren Wohnort hinausging, bekommen Teenager heute mit, was zeitgleich in Bangladesch und Brasilien vor sich geht. Sie werden mit vielen unterschiedlichen Weltanschauungen konfrontiert.
Heute gehen junge Menschen mit ihren Fragen zu TikTok, YouTube, ChatGPT und Google. Wenn sie allein im Internet nach Antworten suchen, ist das aber nicht unbedingt gesund. Ich glaube, es entspricht uns nicht, unseren Fragen allein nachzugehen. Wir sind dazu geschaffen, uns mit anderen über unsere Fragen auszutauschen und gemeinsam auf die Suche nach Antworten zu gehen. Alpha will Kirchengemeinden helfen, junge Leute einzuladen, damit sie ihre Fragen persönlich stellen können. Ich verstehe die Vorbehalte: Wir haben Angst, auf manche Fragen keine Antwort zu haben. Dabei geht es den Jugendlichen doch vor allem darum, gemeinsam mit anderen Antworten zu suchen und zu diskutieren.
Als ich vor dreieinhalb Jahren zu Alpha kam, machten wir uns Gedanken über das Logo von Alpha Youth. Es gab viele Vorschläge, darunter auch einige ohne das Fragezeichen. Wir kamen zum Schluss, dass uns das Fragezeichen total wichtig ist. Alpha ist ein Ort, an dem deine Fragen Platz haben. Bei Alpha darfst du neugierig sein und eine andere Meinung haben.
Ihr habt gerade neue Videos herausgebracht – was hat sich verändert?
Manche Fragen haben wir bei den neuen «Alpha Youth Series» übernommen, andere nicht. Wir haben gemerkt, dass sich mit der Zeit nicht nur die Fragen der Menschen, sondern auch die Antworten teilweise stark verändert haben. Lass mich an einem Beispiel erklären, was ich meine: Als Alpha vor 30 Jahren gestartet wurde, musste man die Menschen fast schon davon überzeugen, dass das Böse existiert. Im Gegensatz dazu sind sich junge Leute heute sehr wohl bewusst, dass es Böses gibt. Sie sehen auf ihrem Smartphone in Echtzeit, was auf der Welt alles passiert: Tod, Überschwemmungen, Krieg, Machtmissbrauch, sexueller Missbrauch. Wir merkten, dass es sich lohnt, den Fokus mehr darauf zu legen, wie wir das Böse überwinden können. Und darauf, wer Jesus ist. Früher war Apologetik wichtiger, die Frage nach historischen Fakten und Belegen. Die heutige Generation interessiert in erster Linie, ob Jesus gut war. Wenn Jesus für mich, meine Freunde und die Gesellschaft nicht gut ist, interessieren mich die Fakten auch nicht. Also haben wir uns in den neuen Videos dafür mehr Zeit genommen.
In der vorigen Version lautete die Frage: «Wer war Jesus und warum starb er?» Weil Alpha für Leute konzipiert ist, die sich mit dem christlichen Glauben nicht schon auskennen, haben wir den Titel angepasst. Wichtiger als der Grund für Jesu Tod ist für die Menschen die Frage, was echte Liebe ist. Es geht am Ende immer noch um dasselbe, aber der Einstieg ist ein anderer.
Drei Millionen Jugendliche haben die vorigen beiden Versionen der «Alpha Youth Series» genutzt. Wir haben Pastorinnen und Jugendleiter gefragt, was sie sich für die neue Version wünschen. Es war uns wichtig, ihnen zuzuhören und nicht einfach zu machen, was wir für richtig hielten. Von ihnen kam beispielsweise der Hinweis, dass acht Wochen ideal wären. 2 Also haben wir die beiden Episoden zum Thema Bibel und Gebet zu «Wie kann ich eine Beziehung zu Gott aufbauen?» zusammengefasst. Was wir zudem neu aufgenommen haben, ist das Thema Worship, weil das für viele junge Leute heute sehr wichtig ist.
Das ist eine sehr gute Frage. Manche Antworten mögen wir, andere nicht. Während die einen Antworten uns abholen, können wir mit anderen überhaupt nichts anfangen. Für mich ist es so: Alpha liefert biblische Antworten auf Fragen, die Menschen stellen. Was auf jeden Fall ankommt, ist die Wertschätzung – auch wenn Fragen unbeantwortet bleiben.
Ich denke, das kann man so sagen. Teenager erzählen mir oft, dass die Kirche kein Ort ist, an dem sie ihre Fragen loswerden können. Sie erleben, dass sie auf keinen Fall anderer Meinung sein dürfen, sondern alles glauben müssen, was der Pastor sagt. Dabei haben viele junge Leute zehn Fragen zum ersten Punkt in deiner Predigt! Während wir im Gottesdienst in Reihen sitzen und unseren Blick nach vorne richten, sitzen wir bei Alpha im Kreis und schauen einander an. Für diese Generation ist es sehr wichtig, dass wir auch mal im Kreis sitzen.
Wir stellen fest, dass es für viele Teenager schnell schwierig wird, wenn ein kontroverses Thema aufkommt und sie nicht gleich Antworten haben. Dann kann es passieren, dass ihre gesamte Theologie einstürzt. Wir können ihnen helfen, ihre Theologie nicht wie eine Mauer aufzubauen, die zusammenfällt, sobald man einen Stein herauszieht und etwas in Frage stellt. Wie schön, wenn es stattdessen wie bei einem Trampolin funktioniert: Du kannst jederzeit eine Sprungfeder rausnehmen, um sie genauer anzusehen. Dabei hüpfst du fröhlich weiter und geniesst deine Gottesbeziehung.
Es kommt auf die Frage an. Manche Fragen kann man sofort beantworten, für andere muss man über einen längeren Zeitraum miteinander sprechen. Bei Alpha geht es um Beziehungen. Wir sind miteinander und mit Jesus über unsere Fragen im Gespräch. Das ist Jüngerschaft: Jesus ist dein Lehrmeister, du bist mit ihm unterwegs und lernst bei ihm. Auch ich habe aktuell Fragen, die ich mit Jesus bespreche.
Ich höre nicht viele Geschichten von Leuten, die bei Alpha eine einzige Frage stellen, eine Antwort bekommen und denen plötzlich ein Licht aufgeht. Was ich aber sehe, ist, dass Menschen Fragen stellen und dass sie mit jeder Frage Jesus besser kennen lernen. Je besser sie ihn kennen, desto mehr lieben sie ihn. Meine Frau Charly und ich sind seit 14 Jahren verheiratet. Als ich sie kennen lernte, war sie 19 und ich war 21. Es fing mit einer einfachen Frage an. Ich wollte mit ihr ins Gespräch kommen und stellte ihr irgendeine Frage über die Jeans, die sie trug. Eine Frage führte zur nächsten und so weiter. Je mehr Fragen wir einander stellen und je besser wir den anderen kennen lernen, desto grösser wird unsere Liebe füreinander. Ich könnte viele Geschichten erzählen von Menschen, die durch Fragen Jesus besser kennen und lieben gelernt haben und deren Leben verändert wurde.
Die meisten Teenager, die für die Studie befragt wurden, hatten ein positives Bild von Jesus. Ihre Sicht von der Kirche war dagegen recht negativ. Die Frage, die ich Jugendleitern, Pastorinnen, Gemeindeleitungen und mir selbst stelle, ist: «Sind wir eine offene oder eine geschlossene Kirche?» Ich meine damit nicht unsere Theologie. Lasst uns unbedingt am Evangelium festhalten, daran, dass Jesus Christus gestorben und auferstanden ist. Lasst uns an Jesus festhalten und alles andere locker nehmen. Meine Frage ist vielmehr: «Stehen unsere Türen offen für alle Teenager, egal was sie glauben, wie sie sich benehmen, woher sie kommen? Wollen wir einen Ort schaffen, an dem unvollkommene Menschen Jesus Christus begegnen und erleben können, wie der Heilige Geist sie verändert?» Ja, wenn wir die Türen weit aufmachen für die «Open Generation», ist das vielleicht nicht immer angenehm. Einfacher wäre es, wir würden unter uns bleiben. Nur widerspricht das eindeutig dem Auftrag, den Jesus uns, seinen Jüngern, in Matthäus 28,18ff gegeben hat – somit ist das keine Option. Ich träume davon, das
Dan Blythe ist als Global Youth Director bei Alpha verantwortlich für die «Alpha Youth Series», deren Neuauflage im November 2024 in englischer Sprache erschienen ist. Er wohnt mit seiner Familie in London und kommt im Dezember 2025 für die Explo 25 nach Zürich.
8 Wochen, 10 Episoden – die «Alpha Youth Series» behandelt die ganz grossen Lebensfragen und Fragen zum christlichen Glauben. Die Videos bieten Gesprächsstoff für spannende Austausch- und Diskussionsrunden. Im November 2024 erschien eine Neuauflage der Filmserie in englischer Sprache. Die deutsche Version wird ab Herbst 2025 bei Alphalive Schweiz verfügbar sein.
alpha.org/alphayouthseries alphalive.ch/youth/
Alphalive Schweiz bietet auf Anfrage eine Schulung zum Thema «Gen Z erreichen» an, in der es darum geht, was die heutige Generation bewegt und wie Kirche für junge Menschen relevant sein kann.
„*“ zeigt erforderliche Felder an